Brocéliande gehört zu den magischen Orten in der Bretagne. Wer einmal durch den Wald nahe Paimpont gewandert ist, wird verstehen, warum viele Geschichten und Legenden rund um die Artussage zwischen den geheimnisvollen Bäumen angesiedelt sind. Manches ist rein mythisch wie das Gefängnis der Fee Morgane oder der See, in dem der Ritter Lancelot aufwuchs. Andere geschichtenträchtige Handlungsorte nehmen eine konkrete Gestalt an. Zu ihnen gehören das Grab des Zauberers Merlin, das eigentlich eine Megalithanlage ist oder die „Fontaine de Barenton“ im Herzen des Waldes.
Zu den Sehenswürdigkeiten: Le Tombeau de Merlin l’Enchanteur // Le chêne des Hindrés // La fontaine de Barenton // Jardin aux Moines // Val sans retour // Château de Trécesson // Karte des Waldes
Der Reiz von Brocéliande liegt heute noch darin, dass das Areal von der Größe von Paris nicht von Menschenmassen überlaufen ist. Ganz im Gegenteil: Wer auf der Suche nach Ruhe und Abgeschiedenheit ist, wird sie in vielen Teilen von Brocéliande finden.
Noch mehr Infos: Brocéliande Bilder // Karte des Gebietes
Wanderung durch den Wald
Würde man die hier vorgestellten Sehenswürdigkeiten in der beschriebenen Reihenfolge nacheinander zu Fuß erreichen, ergäbe sich zwischen dem ersten Stopp „Merlins Grab“ und dem Schloss von Trécesson ein Fußmarsch von über 8 Stunden. Über das Ausmaß einer Tour durch den Wald entscheidet also vor allem die körperliche Fitness. Entspannter ist es in jedem Fall, sich einzelnen Etappen herauszupicken und genug Zeit zum Genießen der herrlichen Wald- und Heidelandschsaft einzuplanen.
Ob kurz oder lang – eine Wanderung durch den Wald sollte gut vorbereitet sein. Proviant gehört in den Rucksack und ebenso nach dem Picknick eventuell anfallender Müll. Manche der Sehenswürdigkeiten des Waldes liegen ein gutes Stück vom nächstgelegenen Parkplatz entfernt. Passendes Schuhwerk ist daher ein Muss – vor allem, wenn der Boden nach einem bretonischen Regenguss aufgeweicht sein sollte.
Nehmen Sie sich mindestens einen Tag Zeit und lassen Sie den Ort auf sich wirken. Zur Vorbereitung empfiehlt sich die Lektüre der alten keltisch-bretonischen Geschichten. Oder aber das 7. Buch von Jean-Luc Bannalec. „Bretonische Geheimnisse“ findet nämlich genau dort statt und gibt die Stimmung eindrücklich wieder.
Sehenswürdigkeiten im Wald von Brocéliande
Le Tombeau de Merlin l’Enchanteur
Der Zauberer Merlin gehört zu den bekanntesten und geheimnisvollsten Figuren des Sagenzyklus um die Ritter und Feen der Bretagne. Als Sohn des Teufels und eines reinen Mädchen, ist Merlin eine Mischung aus Mensch und übernatürlichem Wesen. Seine Schöpfer entwickeln die Figur im Laufe der Zeit und des Schreibens zu einem Meister der Metamorphosen: Druide, Prophet, Zauberer, Wahrsager, Wissenschaftler und Heiler. In seiner wichtigsten Rolle ist er Vertrauter und Berater von König Arthur.
Menschen aller Zeiten waren von Merlin fasziniert. Im 19. Jahrhundert sollen einheimische Intellektuelle hier in Brocéliande sein Grab gefunden haben. Aber kann eine Figur wie Merlin überhaupt sterben? In der Legende wäre es die Liebe, die Merlin für immer vom Angesicht der Erde entfernte: Die Fee Viviane, die Merlins Liebe ewig bewahren wollte, hat der Sage nach ihren Geliebten in ein ätherisches Gefängnis hoch oben in den Wolken gesperrt.
Zurück in der Realität: Bevor die Stätte des Merlin-Grabes im 19. Jahrhundert teilweise zerstört wurde, war das Denkmal eine megalithische Grabstätte. Damalige Besucher sahen eine 12 Meter lange, mit rotem Schiefer bedeckten Gasse aus der Jungsteinzeit. Heute sind nur noch zwei Megalithe
„Merlins Grab“ liegt ca. 20 Minuten Fußmarsch entfernt der Eiche von Hindrés, der nächste Ort ist Saint-Malon-sur-Mel. Die Sehenswürdigkeit wird während der Jagdsaison vom 1. Oktober bis 31. März an den Wochentagen Montag, Dienstag und Samstag nicht empfohlen.
Le chêne des Hindrés
Die Eiche von Hindrés, ist einer der größten Vertreterinnen ihrer Art im Wald von Paimpont. Interessant macht die Eiche vor allem ihr Alter von 500 Jahren und die sonderbar geformten Zweige, die sich in luftiger Höhe verschnörkelt auffächern.
Trotzdem sich die Eiche im Herzen des Waldes von Brocéliande befindet, ist der Baum gut erreichbar – auch für Besucher mit eingeschränkter Mobilität. Es sei denn, der Boden ist nach langem Regen aufgeweicht.
Der nächstgelegene größere Ort ist Saint-Malon-sur-Mel. Zu Fuß wäre es von dort aus eine Wanderung von guten 3 Kilometern oder ca. 45 Minuten Marsch in südlicher Richtung, immer auf der schmalen D59. Die Anreise mit dem Auto ist komfortabler, zumal ein Parkplatz in der Nähe des geschützten Naturdenkmals liegt und der Weg von dort aus ausgeschildert ist.
La fontaine de Barenton
In der Nähe des Dorfes Folle Pensée, im Herzen von Brocéliande, befindet sich die natürliche und magische Wasserquelle Barenton. Robert Wace, ein normannischer Dichter und Gelehrter des 12. Jahrhunderts, erwähnte die Quelle erstmals unter dem Namen Berrenton. Der Name setzt sich zusammen aus dem indoeuropäischen Wort für „Kochen“ und dem keltischen „Andon“ für “Quelle”.
Zur gleichen Zeit zeigt Chrétien de Troyes den Brunnen in seinem Versroman „Yvain oder der Löwenritter“. Als darin der Held Yvain in Barenton ankommt, ergreift er das goldene Becken, das an einem Kiefernzweig hängt, taucht es in den Brunnen und gießt Wasser auf die Stufen. Sofort verdunkelt sich der blaue Himmel, Regen fällt auf den Wald und Blitze fahren aus dem Himmel. Nach einigen schrecklichen Minuten hört der Sturm endlich auf. Der schwarze Ritter, Hüter des Brunnens, stürmt im Galopp heraus. Ein schrecklicher Kampf entbrennt – den Yvain nach langem Ringen für sich entscheidet.
Noch heute werden dem Quell magische Kräfte zugesprochen. So heißt es, dass Blitz und Donner heraufziehen, wenn sich Wasser über die Stufen ergießt. Das Wasser soll außerdem Wahnsinn heilen, eine Eigenschaft die dem nahe gelegenen Dorf seinen Namen Folle Pensée eintrug.
Schließlich empfiehlt sich verliebten Heiratswilligen ein Besuch des Brunnens. Der Legende nach verlangt die Quelle eine Stecknadel, die mit den begleitenden Worten: „Stehe auf, Brunnen, ich gebe dir eine schöne Stecknadel“ in das Wasser geworfen werden soll. Fängt der Brunnen an zu sprudeln, läuten noch vor Ostern die Hochzeitsglocken!
Vom nächstgelegenen Parkplatz im Dorf Folle Pensée führt ein etwa 20 minütiger Fußweg zur Fontaine Barenton.
Jardin aux Moines
An der Straße D141 nördlich von Tréhorenteuc liegt der „Jardin aux Moines“ – der Garten der Mönche. Die nördliche Seite der 1980 freigelegten Anlage wird von 27 Megalithen, seine südliche Seite von 26 Steinen beschrieben. Archäologen bescheinigen dem Jardin aux Moines eine lange Geschichte als Grabstätte, die ältesten Kammern reichen bis in das Jahr 3.000 v.Chr. zurück.
Die Megalithen bestehen aus Quarz und lokalem rotem Schiefer. Je nach Einfall des Tageslichtes changieren die Steine daher in unterschiedlichen Farbvariationen.
Val sans retour – Teil 1
Im Mythenzyklus um König Arthur ist das „Tal ohne Wiederkehr“ ein verzaubertes Land. Die Zauberin Morgan le Fay hält hier ihre Liebhaber gefangen, bis der Zauber schließlich von Ritter Lancelot gebrochen wird. Gefangen sein ist in Anbetracht der Schönheit dieses Fleckens Erde ein gutes Stichwort, allerdings zieht der Wald heute durch seine vielen Sehenswürdigkeiten auf engstem Raum nur noch Besucher in seinen Bann. Sie wollen sicher gehen, die Attraktionen ungestört genießen zu können? Dann empfiehlt sich ein Besuch außerhalb der Hauptsaison oder in den frühen Morgenstunden, wenn der Nebel und die Stimmen der Vögel die magische Atmosphäre vervollkommnen.
Das reale Val sans retour finden Besucher unweit des Örtchens Tréhorenteuc. Eine Tour beginnt am besten auf dem kostenfreien Parkplatz „Vals sans Retour“ am Rand des Dorfes. Von dort aus sind es gute 5 Minuten bis zur ersten Sehenswürdigkeit des Tals, dem „Miroir aux fées„. Auf dem Weg dorthin überquert man übrigens die Grenze zwischen den Départements Morbihan und Ille-et-Vilaine. Der „Feenspiegel“ ist wegen der Dichte des ihn umgebenden Waldes, der den Wind darin hindert, das Wasser aufzuwühlen, ein fast immer spiegelglatter Teich.
Val sans retour – Teil 2
Einen Steinwurf vom Ufer des Sees auf der nordwestlichen Seite steht der „Arbre d’Or“, der vergoldete Baum bildet mit 5 verkohlten Kastanien eine Installation. Die Symbolik des Kunstwerkes in freier Natur ist vielschichtig. Dazu muss man wissen, dass 1990 in Brocéliande ein Waldbrand wütete. Große Teile des Baumbestandes fielen den Flammen zum Opfer, woran die schwarzen Stämme erinnern sollen.
Gleichzeitig löste das Ereignis eine Welle von Spenden aus und erleichterte somit die Wiederaufforstung. Der Künstler Francois Davin fühlte sich inspiriert und wollte mit einem Symbol der Fruchtbarkeit und Ewigkeit seinen Teil beitragen. Die Zweige des Baumes erinnern an das Geweih von Cernunnos, dem hirschköpfigen keltischen Gott der Natur und sind eine Hommage an das Erbe und die übernatürlichen Kräfte der Region. So entstand mit dem Arbre d’Or eines der bekanntesten Fotomotive von Brocéliande.
Etwa 5 Minuten Fußmarsch und einige wenige Höhenmeter entfernt vom Goldenen Baum steht der „Siège de Merlin“ – Merlins Sessel. Der Fels ist ein erodierter Felsen, der das Heide- und Waldland des Val sans retour überblickt. Hier saß der Legende nach der Zauberer Merlin, um zu meditieren und das Tal zu bewachen. Beim Brand von 1990 litt der Felsen: die Hitzeentwicklung war so gewaltig, dass das Gestein an vielen Stellen beinahe zerborsten wäre.
Mit knappen 3 Kilometer und etwa 40 Minuten Entfernung vom Siège de Merlin immer noch in Wanderdistanz liegt „Hotié de Viviane“ – das Haus der Viviane, auch „Grab der Druiden“ genannt. Die mythische Zufluchtsstätte der Fee Viviane ist ein Megalith aus rotfarbenen Schieferplatten, datiert aus der Zeit zwischen 3.355 und 2.890 v. Chr.
Tombeau des géants
Bei der Ausgrabung dieses megalithischen Monuments im Jahr 1982 wurde eine Keilstruktur rund um das bronzezeitliche Grab entdeckt, die fast 4 m lang, 1 m breit und 1 m hoch ist. Die Grabstätte besteht aus drei Menhiren, die um 2.200 Jahre v. Chr. an diesem Ort standen. Ein weiterer Menhir liegt etwa 8 Meter entfernt. Der Stein gehört wohl zu einer Reihe von Megalith-Anlagen aus der Bronzezeit um 1500 v. Chr.
Château de Trécesson
Am südlichen Rand des Waldes von Brocéliande steht das Schloss Trécesson. Das Château, umgeben von einem Wassergraben, ist ein eindrucksvolles Beispiel für die feudale Architektur des 15. Jahrhunderts und gehört zu den schönsten Schlössern in Brocéliande, wenn nicht gar der gesamten Bretagne. Mit Figuren wie Merlin, Lancelot und Morgane hat das Schloss nichts zu tun, stattdessen ranken sich ganz eigene (Schauer-) Märchen um die Anlage. Zu den bekanntesten gehört das der „Dame Blanche“, der Weißen Dame. Das Gespenst ist die Wiedergängerin einer unweit des Schlosses lebendig begrabenen jungen Dame und soll in Vollmondnächten auf den Dächern der Burg erscheinen.
Nächstgelegener Ort ist das Dorf Campénéac. Das Schloss ist in Privatbesitz und nur an wenigen Tagen im Jahr für Besucher zugänglich. An welchen erfährt man leider erst vor Ort. Ein Ausflug lohnt sich dennoch, allein wegen der wundervollen Umgebung.
Karte Wald von Brocéliande
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Fotos: Comité Régional du Tourisme de Bretagne | © Yannick Derennes | © Emmanuel Berthier